Die Klimaschutzstadt Kiel hat verstanden – Politiker*innen und Bürger*innen müssen jetzt gemeinsam handeln! Wir wollen ein Vorbild für Klimaschutz in Deutschland sein, verbunden mit einer möglichst hohen Lebensqualität für alle.
Seit dem Report des Weltklimarats (IPCC) vom Oktober 2018 ist bekannt, dass der Umbau unserer Gesellschaft zur Klimaneutralität schon wesentlich früher abgeschlossen werden muss, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Die Herausforderung, vor der wir in Kiel stehen -und überall sonst auf der Welt – ist, innerhalb von 15 Jahren, sämtliche Lebensbereiche vom Einsatz fossiler Brennstoffe zu befreien. Der Kieler Masterplan 100 % Klimaschutz sieht derzeit eine Umsetzung bis zum Jahr 2050 vor. Aufgrund der Dringlichkeit der Bekämpfung der Klimakrise muss schneller gehandelt werden: Die Umsetzung der geplanten Maßnahmen muss bis zum Jahr 2035 erfolgen.
Im Sinne der Gerechtigkeit gegenüber künftigen Generationen und der Menschen, die am unmittelbarsten von der Klimakrise betroffenen sind, ist es deshalb zwingend erforderlich, den Ausstoß von Treibhausgasen schnellstmöglich stark zu reduzieren, bereits angehäufte Versäumnisse aufzuholen und kommenden Generationen ihre Handlungsspielräume zu bewahren.
Es liegt in der Verantwortung jeder Kommune, ihre gesamte Gestaltungsmacht auszunutzen, um der Notwendigkeit und Dringlichkeit der Klimakrise gerecht zu werden und diese endlich als das zu behandeln, was sie ist: eine existentielle Krise.
Diese existentielle Krise ist eine gemeinsame Herausforderung für alle Bürger*innen. Wir müssen alle Kräfte aus Politik und Bevölkerung bündeln, um gemeinsam sofortige und entschlossene Anstrengungen zum Klimaschutz zu leisten. Es geht uns sowohl um die nötigen Entscheidungen der Ratsversammlung und der Stadtverwaltung, als auch um einen breiten Aufruf zum gemeinsamen Umbau zu einer klimaneutralen und zukunftsfähigen Stadtgesellschaft.
Durch den Beschluss der Ratsversammlung wird die Erklärung des Klimanotstandes demokratisch legitimiert. Gemeint ist damit kein Ausnahmezustand von der Verfassung, sondern das Verlassen der gewohnten Komfortzone in Politik und Alltag. „Business as usual“ reicht nicht mehr, um unsere Lebensgrundlagen zu sichern. Der Staat hat das Ziel, gemäß Artikel 20a Grundgesetz, die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere zu schützen. Das fordern wir nun von ihm ein.
Unsere allgemeinen Forderungen:
- Durch die Erklärung des Klimanotstandes erkennt die Kieler Ratsversammlung den Stopp der Klimakrise und seine schwerwiegenden Folgen als Aufgabe von höchster Wichtigkeit an.
- Die Stadt soll einen Energiewende & Klimaschutz-Dialog anstoßen, der alle Bildungseinrichtungen, Politik, Wirtschaft, Kultur und den Finanzsektor einschließt – und jede*n Einzelne*n ein. Jede*r muss die Verantwortung innerhalb seiner Rollen wahrnehmen. Dabei müssen wir darauf achten, auch heute schon in allen Bereichen das notwendige Fachpersonal und Kompetenzen für eine vollständig klimaneutrale Wirtschaft aufzubauen.
- Die Klimakrise wird genutzt, um Partizipation und Demokratie weiterzuentwickeln. Dies ist der Schlüssel für einen glaubwürdigen, transparenten und sozialverträglichen Prozess. Die Stadt Kiel verfolgt umgehend eine offensive Strategie, um Bürger*innen über Dringlichkeit zu informieren und an Lösungswegen der notwendigen Umgestaltung zu beteiligen.
- Der Oberbürgermeister und die Verwaltung errechnen und veröffentlichen in Zusammenarbeit mit der Wissenschaft für Klimafolgenforschung innerhalb eines Monats, welches Treibhausgasbudget der Stadt Kiel und ihren Einwohner*Innen zur Einhaltung des 1,5-Grad-Zieles ohne Netto-Negativemissionen zur Verfügung steht. Der Rat beschließt dieses verbindlich und stellt es öffentlich und verständlich auf einer Schautafel am Rathaus dar. Nach dem Special Report 1,5 °C des Weltklimarats dürfen wir in der verbliebenen Zeit bis 2035 nicht mehr als 10 mal so viel wie im vergangenen Jahr ausstoßen. Der Oberbürgermeister und die Verwaltung berichten der Ratsversammlung und der Öffentlichkeit alle sechs Monate in einem Klimareport über Fortschritte und weitere Erfordernisse bei der Reduktion des Treibhausgas-Emissionen.
- Die Ratsversammlung und die Stadtgesellschaft erkennen an, dass die bisherigen Maßnahmen und Planungen nicht ausreichen, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, im besonderen der Masterplan 100% Klimaschutz, der auf das Jahr 2050 bezogen ist. Diese werden stattdessen bis zum Jahr 2035 beschleunigt umgesetzt und gegebenenfalls ergänzt. Die Treibhausgas-Emissionen sollen innerhalb jeder vollen Legislatur um 30% reduziert werden.
- Ab sofort wird Klimaschutz bei jeglichen Entscheidungen als wichtigstes Kriterium gewertet und es werden Lösungen bevorzugt, die sich positiv auf Klima-, Umwelt- und Artenschutz auswirken.
- Die Stadt soll ihren Handlungsspielraum vollständig nutzen. Bei Entscheidungen, die darüber hinausgehen, sollen die Forderungen an Land, Bund und an die EU weitergetragen werden.
- Jede Investition in Infrastruktur, die in Zukunft einen Ausstoß von Treibhausgasen verursacht, besonders durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas, wird beendet, zugunsten von nötigen Investitionen, die ein gutes Leben für alle ermöglichen.
- Jede*r, im Besonderen die Ratsversammlung von Kiel, fordert auch andere Kommunen, das Land Schleswig-Holstein und die Bundesrepublik Deutschland auf, dem Kieler Vorbild zu folgen, den Klimanotstand auszurufen und das 1,5 Grad Ziel praktisch umzusetzen.
Als nächstes müssen konkrete Maßnahmen erarbeitet werden. In 2 Wochen stellen wir als Bürgerinitiative Klimanotstand Kiel einen Maßnahmenkatalog mit konkreten Forderungen vor. Politik, Verwaltung und die Bürger*innen sind aufgerufen, ebenfalls konkrete Maßnahmen vorzuschlagen. In den nächsten 4 Wochen sollen Politik und Verwaltung die Bedingungen dafür schaffen, dass unsere Stadt klimapolitisch handlungsfähig wird. Dazu gehören:
- ein eigenständiges Dezernat für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz einzurichten, das mit ausreichend Personal und Mitteln ausgestattet wird und verwaltungsübergreifend die Planung leitet und koordiniert.
- das Dezernat für Umwelt- Natur- und Klimaschutz soll Formate langfristiger Bürgerbeteiligungen, besonders in Wohnquartieren, begleiten und fördern.
- die Stadt hat die Bürger*innen über den Klimanotstand in einer dauerhaften Aufklärungskampagne konkret, sachbezogen und professionell zu informieren.
- die Stadt soll Finanzbedarf und die Finanzierungsmöglichkeiten für die veränderten Klimaschutzanforderungen prüfen. Gegebenenfalls ist ein Nachtragshaushalt zu beschließen.
Bis dahin soll schon jetzt gelten:
- der Investitionsstopp für fossile Infrastruktur und Emittenten, damit in der Zwischenzeit nicht klimaschädliche Tatsachen geschaffen werden.
- Ab sofort wird Klimaschutz bei jeglichen Entscheidungen als wichtigstes Kriterium gewertet und es werden Lösungen bevorzugt, die sich positiv auf Umwelt- und Artenschutz auswirken.
- Die Verwaltung prüft zurzeit, Maßnahmen aus dem Masterplan 100 % Klimaschutz vorzuziehen. Sie sind zusammen mit Maßnahmen aus dem Kiel Region Masterplan und dem Green City Konzept mit Blick auf eine Umsetzung bis zum Jahr 2035 zu prüfen und abzustimmen.